Ihr Hund lässt sich beim Tierarzt nicht behandeln? Er wird sogar aggressiv und beißt um sich? Oder legt nur den Rückwärtsgang ein und Sie ziehen ihn wie einen störrischen Esel an der Leine in den Behandlungsraum? – Mit etwas Übung können Sie es Ihrem Hund, sich selbst und dem Tierarztpraxisteam leichter machen.
Angst vor dem Tierarzt – beim Welpen fängt alles an
Ein Welpe kommt ins Haus, alles ist neu und aufregend – und schon bald steht der erste Tierarztbesuch zur Vorsorgeuntersuchung und Impfung an. Jetzt wird der Grundstein gelegt für die spätere Beziehung zur Praxis. Machen Sie sich am besten jetzt erste Gedanken: Ist mein Welpe eher ängstlich und zurückhaltend? Ist er frech und draufgängerisch? Oder einfach nur tiefenentspannt? Hier hat die Herkunft des Welpen großen Einfluss: Welche Alltagsreize hat er schon kennengelernt? Welches Handling ist er gewohnt? – Nehmen Sie frühzeitig Kontakt mit der Tierarztpraxis auf, so kann sich der erste Besuch stressfrei gestalten.
Medical Training – Übung, die sich lohnt
Lassen Sie sich in der Tierarztpraxis zeigen, wie Sie zu Hause mit Ihrem Hund üben können, um ihm den Tierarztbesuch später so normal wie möglich erscheinen zu lassen. Greifen Sie vorsichtig an die Ohren und tasten mit dem Finger in der Ohrmuschel. Heben Sie die Lefzen an, sodass man die Zähne sieht. Nehmen Sie eine Pfote in die Hand und tasten die Zehen ab. Den gesamten Untersuchungsgang bei Tierarzt kann man zu Hause in erst einmal kleinen Einheiten üben. Ein Welpe empfindet diese Übungseinheiten als Spiel. Wichtig ist, dass dem Hund dabei nichts weh tut, also keine Vorerkrankungen oder Verletzungen vorliegen. Kooperation wird mit Leckerchen, Lob und Streicheleinheiten unterstützt. Spaß und positive Verstärkung sind die beste Lernbasis.
Wehrt sich der Hund oder weicht aus, gehen Sie zu einer einfacheren Übung über oder verkürzen die Lerneinheiten. Jetzt ist Geduld und Ausdauer gefragt, denn bei diesen Hunden ist das Üben besonders wichtig.
Gute Erziehung gibt Sicherheit
Ist Ihr Hund generell gut erzogen, wird er sich beim Tierarzt deutlich sicherer fühlen. Er weiß, was er zu tun hat und konzentriert sich auf Sie und nicht auf seine Umgebung. Clickertraining kann diesen Effekt noch verstärken. Wie generell in der Hundeerziehung sollten unerwünschte Verhaltensweisen ignoriert, positive Verhaltensweisen dagegen belohnt werden. Achten Sie auch beim Tierarztbesuch darauf, diese Regeln einzuhalten und nicht versehentliches Fehlverhalten (Angst, Aggression) durch Tröstungsversuche unbewusst zu verstärken.1
Wie bringe ich meinen Hund zum Entspannen?
Als Hundhalter*in beeinflussen Sie durch Ihr eigenes Verhalten sehr stark das des Hundes. Sie sind nervös? – Ihr Hund spürt es und bekommt selbst Angst oder wird wachsam.2 Versuchen Sie, Ruhe auszustrahlen, dem Hund Vertrauen zu vermitteln. Streicheleinheiten und Leckerchen sind probate Mittel, den Tierarztbesuch zum Erfolg werden zu lassen. Und nicht stressen, wenn der Hund nicht funktioniert, wie er soll. Das ist nicht schlimm. Werden Sie nervös, wird die Situation nur schlechter. Üben Sie im Anschluss weiter, und es wird mit jedem Mal besser funktionieren.
Angenehm und vertraut macht den Tierarztbesuch leichter
Es ist gut, dem Hund den Tierarztbesuch so angenehm wie möglich zu machen. Verbinden Sie den Tierarztbesuch mit einem schönen Spaziergang. Aktive Hunde sind danach auch entspannter.2 Nehmen Sie das Lieblingsspielzeug mit und die vertraute Decke als Auflage für den Behandlungstisch. Und Leckerchen sollten richtig lecker sein, selbst Wurststückchen sind erlaubt. - Wenn Sie zu zweit zum Tierarzt gehen, kann die Hauptbezugsperson in den Behandlungsraum vorgehen und den Hund hinter sich herlocken. Alternativ kann auch eine andere Hilfsperson die Leine nehmen und Sie gehen voraus. So wird es oft nicht nötig, den Hund hinter sich herzuziehen oder ihn sich windend auf dem Arm hineinzutragen.
Was tun, wenn der Hund beim Tierarzt beißt?
Bereiten Sie das Praxisteam schon bei der Terminabsprache darauf vor! Kurze Wartezeit und kein Kontakt mit anderen Tieren im Wartezimmer können schon helfen, dem Hund Stress zu nehmen. Auch beim älteren Tier können kurze Stippvisiten beim Tierarzt ohne schlechte Erfahrungen wie Untersuchung oder Spritze helfen, nach und nach zu entspannen. Wählen Sie nach Möglichkeit eine Praxis, die ruhig mit Tieren umgeht, vielleicht sogar besondere Kompetenzen in der Verhaltensberatung hat. Das Anlegen eines Maulkorbs ermöglicht einen entspannteren Umgang mit dem Hund, er muss nicht so stark festgehalten werden, kann stattdessen gestreichelt werden, wenn er es mag.
Beruhigungsmittel – manchmal ein guter Weg
Gerade ältere Hunde aus dem Tierschutz oder Tiere, die als Welpen schwer krank waren, lassen sich bei aller Mühe manchmal nicht mehr positiv beim Tierarzt prägen. Hier kann eine frühzeitige Gabe von Beruhigungsmitteln den Tierarztbesuch für alle Beteiligten entspannter gestalten. Zwangsmaßnahmen können reduziert werden und die Angst des Hundes wird nicht noch weiter potenziert. Besprechen Sie mit Ihrem Tierarzt/ Ihrer Tierärztin, ob dies eine Option für Ihren Hund sein könnte. Das Spektrum der möglichen Präparate ist weit. Oft helfen schon sehr verträgliche Präparate mit Aminosäuren oder Pflanzenwirkstoffen.
Ohne Angst zur Tierarztpraxis – für ein langes, gesundes Hundeleben
Wer geht schon gerne zum Tierarzt, wenn jedes Mal ein Horrortrip bevorsteht? – Das macht man dann nur, wenn es gar nicht mehr anders geht. Andererseits ist auch in jungen Jahren eine jährliche Gesundheitskontrolle wichtig für die Gesunderhaltung Ihres Hundes und zur Früherkennung von Krankheiten. Gute tierärztliche Versorgung verlängert die durchschnittliche Lebenserwartung eines Hundes.3 Die Zeit fürs Training ist also gut investiert – für viele entspannte gemeinsame Jahre.
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1. Kleintiere stressarm behandeln. Schneider B, Döring D, Ketter D, Hrsg. 2. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2018.
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2. Ihr Hund hat Angst vorm Tierarzt? Tipps & Ratschläge | TASSO (abgerufen: 14.11.2023)